Die Roanoke-Kolonie: Verschollene Siedler und die Rätsel der Neuen Welt
Die Geschichte der Roanoke-Kolonie ist eines der rätselhaftesten Kapitel in der frühen amerikanischen Geschichte. Gegründet im Jahr 1587 auf Roanoke Island, einer Insel vor der Küste des heutigen North Carolina, sollte diese Siedlung der ersten dauerhaften englischen Präsenz in Nordamerika den Weg ebnen. Doch anstatt einer blühenden Kolonie erwartete die Engländer bei ihrer Rückkehr im Jahr 1590 ein verlassenes Dorf und nur ein einziges rätselhaftes Wort: „Croatoan“.
Die Roanoke-Kolonie entstand in einem Zeitalter intensiver europäischer Kolonialisierung. England, Spanien und Frankreich kämpften um Einfluss und Ressourcen in der Neuen Welt. Sir Walter Raleigh, ein prominenter englischer Adliger und Entdecker, erhielt von Königin Elisabeth I. das Recht, eine Kolonie in Nordamerika zu gründen.
Raleigh schickte zunächst zwei Expeditionen nach Roanoke Island. Die erste, unter der Führung von Philip Amadas und Arthur Barlowe im Jahr 1584, diente der Erkundung des Landes und dem Kontakt mit den einheimischen Stämmen. Die zweite Expedition, angeführt von Ralph Lane im Jahr 1585, gründete die erste englische Siedlung auf Roanoke Island.
Doch die Kolonisten kämpften mit Hunger, Krankheiten und Spannungen mit den einheimischen Algonquin-Stämmen. Nach einem Jahr kehrten sie unter schwierigen Bedingungen nach England zurück.
Raleigh war dennoch entschlossen, eine dauerhafte Kolonie in der Neuen Welt zu etablieren. Im Jahr 1587 schickte er John White mit über hundert Kolonisten nach Roanoke Island, darunter auch Whites Tochter Eleanor Dare und ihre neugeborene Tochter Virginia Dare – das erste englische Kind, das auf amerikanischem Boden geboren wurde.
White verließ die Kolonie im August 1587, um Nachschub in England zu besorgen. Doch aufgrund von Krieg mit Spanien und schlechten Wetterbedingungen verzögerte sich seine Rückkehr. Als er schließlich drei Jahre später im Jahr 1590 nach Roanoke Island zurückkehrte, fand er die Siedlung verlassen vor.
Die Häuser waren abgebaut, keine Spur von den Kolonisten blieb zurück – nur das Wort „Croatoan“ war auf einem Baum in der Nähe des Dorfes eingeritzt. White vermutete, dass die Kolonisten zu den Croatoan, einem freundlichen Stamm, gewandert waren, mit dem sie bereits Kontakt hatten.
Doch die Suche nach den verschwundenen Kolonisten blieb erfolglos. Trotz zahlreicher Expeditionen in den folgenden Jahren wurden keine weiteren Spuren der Siedler gefunden. Die Geschichte der Roanoke-Kolonie ist bis heute ein Mysterium.
Mögliche Erklärungen für das Verschwinden der Kolonisten umfassen:
-
Assimilation mit den Croatoan: Vielleicht schlossen sich die Kolonisten den Croatoan an, wurden Teil ihrer Kultur und lebten fortan unter ihnen. Diese Theorie wird durch das Wort „Croatoan“ gestützt, welches auf dem Baum eingeritzt war.
-
Krieg mit anderen Stämmen: Es ist möglich, dass die Kolonisten in Konflikt mit feindlichen indigenen Stämmen gerieten und dabei ums Leben kamen. Die Beziehungen zwischen den Engländern und einigen indigenen Stämmen waren angespannt.
-
Hungersnot und Krankheiten: Die Kolonisten waren schlecht auf die Lebensbedingungen in der Neuen Welt vorbereitet. Hungersnöte und Krankheiten könnten sie geschwächt haben und zu ihrem Untergang geführt haben.
-
Unvorhergesehene Ereignisse: Naturkatastrophen, wie z.B. Stürme oder Überschwemmungen, könnten die Kolonie zerstört und die Bewohner verstreut haben.
Die Geschichte der Roanoke-Kolonie ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Herausforderungen, denen sich europäische Kolonisten in der Neuen Welt gegenüberstanden. Sie unterstreicht die Komplexität der Beziehungen zwischen europäischen Siedlern und den indigenen Völkern Nordamerikas.
Bis heute fasziniert das Verschwinden der Kolonisten Historiker und Laien gleichermaßen. Die Suche nach Antworten auf die Frage „Was geschah mit der Roanoke-Kolonie?“ hält die Geschichte der frühen amerikanischen Kolonisierung lebendig.
Die Roanoke-Kolonie bleibt ein bleibendes Rätsel, dessen Lösung wahrscheinlich für immer im Nebel der Zeit verborgen bleiben wird.